Chaos-Fahrt nach Massakar

Schlimme Nacht. Alleine, in dem Zimmer schlafen zu müssen, war schlimm. Aber es kam noch besser. Direkt gegenüber ist eine Moschee. Und 200m weiter noch eine. Und etwas weiter noch eine 3. Und der jeweilige Muezzin gibt alles, um den anderen die Schäfchen abzujagen. Das geht so: Mikrofon gaaanz dicht vor den Mund, besser noch in den Mund. Schreien aus Leibeskräften, es kommt nur auf den Sound an, es geht nicht ums Verstehen! Gruselig und wieder sehr laut singen. Pausen machen (so dass man denkt, es sei vorüber) und dann mit doppelter Lautstärke zurückgekommen. Alle 3 beherrschten das perfekt.


Und es war war. Das Fenster bestand aus Lamellen und ließ sich nicht schließen. Die altersschwache Klimaanlage kämpfte dagegen an und verlor. Nur direkt im Luftstrom vor der Anlage merkte man, dass da was Kühles kam. 


Und es regnete. Idealerweise war vor meinem Fenster ein Blechdach, das den Klang der aufschlagenden, dicken Regengeschosse noch verstärkte. 


Hölle.


Die Sache hatte nur ein Gutes. Die Kakerlaken saßen gewiss mit zugehaltenen Ohren in ihren kühleren Höhlen und wagten sich nicht heraus.


Ich bin um 3 Uhr aufgewacht. Um 4 habe ich noch mal nach der Uhr geschaut. Um 5 war wieder Muezzin. Wann ich eingeschlafen bin, weiß ich nicht, aber als ich um 8:30 aufwachte, bekam ich einen Schreck. Um 9:45 ging mein Bus! 

Aber ich hatte Zeit. Duschen oder auch Zähneputzen entfiel. Ich hatte mir Kekse gekauft, aber auch die wollte ich in diesem Zimmer nicht essen. 


Ein Grab-Taxi war schnell bestellt ( bei Regen sind die teurer) und so war ich rechtzeitig an der Busstation.


Der Bus heute ist größer und neuer, als der gestern. Aber auch heute sind es nur 4 Passagiere. Wir fahren 1/2 Stunde durch den Regen, da entsteht Aufregung. Alle reden durcheinander, nur ich bekomme nichts mit. Der junge Mann vor mir spricht etwas Englisch und ich frage ihn. 


Es ist eine große Flut rund um Makassar (er zeigt mir Videos). Wir kommen da nicht hin. Und was ist die Alternative? Zurück nach Parepare! 

Shit!

Kann das heute noch später klappen? 

Nein!

Bekommen wir unser Geld zurück? 

Nein!


Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Heute scheine ich verloren zu haben…

Einer von den Insassen muss zum Flughafen und der Fahrer versucht, einen anderen Wagen zu organisieren, der ihn dahin bringt. Der Airport liegt weit außerhalb und scheint nicht von der Flut betroffen zu sein. 


Unter den Mitreisenden ist ein junger Indonesier, der sich später als IT-Student in Jakarta herausstellt. Er spricht gutes Englisch und hilft mir, die Situation zu verstehen. 




Er erklärt mir, dass wir 2 Optionen haben: zurück nach Parepare (Ticketgeld ist auf jeden Fall weg) oder mit dem anderen Auto „irgendwie“ nach Massakar. Ich entscheide mich für 225.000 RP und „irgendwie“.

„Irgendwie“ ist nicht schön. Es gibt den alten Witz: wie bekommt man 4 Elefanten in einen VW? Antwort: 2 vorne, 2 hinten.

Und wie bekommt man 9 Leute in einen Van? 2 vorne, 3 hinten und 4 auf der Notsitzbank ganz hinten. Ich bin einer von den 3en, darf auf dem Kardan sitzen und habe den Rucksack auf den Knien! 


Unser Fahrer ist von der aggressiven Sorte. Er gibt alles.


Die Landschaft hat sich total verändert. Überall sind Seen. Gestern waren das noch Felder. 

Aber die Straße ist ok. 

Noch.






Aber dann kommt das Wasser. Erst ist es 2-3 cm hoch, dann ist die Strasse gesperrt. Die Männer erklären: wenig weiter steht das Wasser hüfthoch. 

Wir biegen ab und fahren über eine gruselige, kleine, schlaglochreiche Strasse durch kleine Dörfer, deren Einwohner sich über den Verkehr wundern. Nach 1/2 Stunde geht es zurück zur Hauptstraße.

Nun geht das Wasser schon fast bis zur Nabe. Wir fahren vorsichtig weiter und müssen noch mal runter. 

Später, wieder zurück auf der Hauptstraße, ist nur unsere Fahrbahn überschwemmt und wir fahren auf der Gegenfahrbahn weiter.


Übrigens: es regnet die ganze Zeit!

Mir tut alles weh. Der Hintern, die Beine, die Knie, alles. Diese Sitzhaltung ist furchtbar. Wir machen irgendwann eine kurze Pause, und ich wechsele auf den linken Sitz. Mein neuer Freund hatte Verständnis.

Besser.

Hier macht Sitzen mit Rucksack auf den Knien direkt Spaß!


In Massakar ist auch alles überschwemmt. An jeder Straßenecke bekommen wir Wasserstandsmeldungen und Tipps, wo es gehen könnte. Es herrscht der totale Verkehrsinfarkt. 










Kinder spielen im Wasser und immer wieder werden wir behindert durch liegengebliebene Mopeds und Autos. 


Wir setzen einen Fahrgast am Airport ab und fahren weiter. Am Busdepot werden wir dann abgesetzt. Mein neuer Freund schlägt vor, dass ich mit ihm mitkomme. Sein Bruder holt ihn ab und sie wollten mich in der Nähe meiner Unterkunft absetzen.

Toll!










An einer Stelle in der Innenstadt kommt es dann zur Krise. Wir müssen links oder rechts abbiegen. Links fahren ein paar mutige, rechts keiner. Wir entscheiden uns für links. 

Scheisse, ist das tief!

Wir fahren langsam und der Motor fängt an, zu ruckeln.

Halte durch!

Wir fahren stockend weiter.

Noch 20 m. Noch 10m. Ruckel Ruckel, geschafft. Wir sind durch das Loch durch und der Fahrer schaut sehr glücklich drein.

Sie setzen mich ab und ich laufe die letzten paar Meter barfuß, aber egal. 












Es ist die gleiche Unterkunft, wie letztens. Nur dieses Mal ohne schöne Dusche, ohne Klima, ohne WLAN und ohne Licht.

Stromausfall im gesamten Viertel!


Aber das Glück kehrte dann zurück. Ich habe am Meer einen Kaffee getrunken und bin danach zurückgekommen. Der Strom und die anderen Annehmlichkeiten dann auch. 

Später gab es dann noch Shrimps in meinem Lieblingsrestaurant und dann war ich auch irgendwie müde. 

Kommentare

Kommentar veröffentlichen