Erkundung der Insel

Gestern Abend war bei mir Waschtag. Jetzt hängt die Wäsche auf Bügeln bei mir im Zimmer und trocknet (hoffentlich). 

Meine Lieblingsbermuda hat schon viel von der Welt gesehen. Und sie wurde auch schon mehrfach repariert. Ich fürchte, heute geht sie zum letzten Mal zum Schneider. Eine Tasche ist ausgerissen (alles schon sehr morsch) aber die Schneiderin lacht und macht ein Zeichen: 10 Minuten. Erst will sie mit einen Stuhl hinstellen, aber ich mache Zeichen: ich trinke gegenüber einen Kaffee.


Gegenüber stehen unzählige von den kleinen grünen Bussen. Die sind ähnlich wie die Bemos in der Türkei oder die Songthews in Thailand. Sie fahren eine feste Strecke und halten bei Bedarf. In Indonesien gibt es tausende davon. Und der kleine Kiosk gegenüber ist das Epizentrum der Fahrer. Als ich komme, wird sofort Platz gemacht und alle sind aufgeregt und neugierig. Einer sieht aus, wie ein Sheriff und übernimmt sofort die Vermittlung. Kaffee? Ja. Hot? Ja. Black? Ja.

Die Frau in dem Kiosk packt 2 Esslöffel Zucker! und einen riesig gehäuften Esslöffel Kaffeepulver in einen dünnen Plastikbecher und gießt heißes Wasser drüber. 

Das Ergebnis: sehr süß, sehr stark, sehr heiß!   Und sehr lecker. Spätestens jetzt bin ich wach. Ich beantworte die üblichen Fragen ind die Informationen werden wie bei einer stillen Post weitergegeben. Wäre auf das Resultat gespannt.


Zum Schluss will ich ein Selfie mit dem Sheriff machen. Der nickt erfreut, aber wir haben die Rechnung ohne die 10 Fahrer gemacht, die um uns herumstanden. Also ein Gruppenselfie! Jetzt wurden Rufe laut! Selfie! Selfie! Selfie! Jetzt wollten alle auf das Bild. Ich nutzte den Tumult, um mich zu verdrücken.




Im Hotel war neben dem Rezeptionisten noch ein junger Typ. Ich fragte den Rezeptionisten, ob man hier irgendwo ein Moped mieten könnte. Der zeigte auf den Typen neben ihm, weil er wohl kein Englisch verstand. Ich wiederholte die Frage und der Typ (André) nickte. Ich fragte, wo? und er sagte: I can show! Wir gingen raus und draußen zeigte er auf eine Honda. 

Ok, das war wirklich einfach. 70.000RP später hatte ich einen Schlüssel und Papiere in der Hand. Das war wirklich einfach. 


Ich hatte kein Ziel vor Augen, wollte einfach nur so rumfahren. Zuerst einmal musste ich aus diesem Hexenkessel herauskommen. Zum Glück gibt es hier viele Einbahnstraßen, das erleichtert das „Mitschwimmen“ doch sehr. Ampeln gibt es kaum, wahrscheinlich hält sich eh kaum jemand dran. 






Meine Sorge war unbegründet. Keine Viertelstunde später hatte ich die Stadt hinter mir. Eine Hauptverkehrsader führt am Ufer entlang und wahrscheinlich rund um die Insel. Der Blick auf das Meer ist immer wieder schön. Die Straße ist gut ausgebaut und nun geht es vorbei an kleinen Häusern, Shops und Garküchen.








Je weiter man von Ambon City ist, umso dünner wird der Verkehr. Nervig sind nur diese „Bemos“. Sie fahren sehr langsam, meistens mittig, so dass keiner vorbeikommt, setzen nie den Blinker und halten unvermittelt an bzw. fahren unvermittelt los. Geduldig dahinter zu bleiben, macht keinen Sinn, weil man dann von den anderen Mopedfahrern bedrängt wird. 

Aber so langsam habe ich den Bogen raus. Links fahren ist überhaupt kein Problem mehr. Ich muss nur dran denken, mich zuhause wieder umzugewöhnen. 

Und vielleicht nicht mehr so gnadenlos gegen Einbahnstraßen zu fahren. An einer Stelle beschließe ich, einfach mal von der Hauptstraße runter zu fahren. Da ich ja ohne Ziel fahre, ist das egal. Ich komme durch sehr nette, kleine Dörfer. Über die Straße neigen sich Brotfruchtbäume. An ihnen hängen viele große Früchte und die meisten Äste sind mit langen Stangen abgestützt. Einige Früchte sind, wie man an den riesigen Einschlagsstellen auf der Straße sehen kann, schon runtergekommen. 










Ich fahre hier sehr langsam, weil auch viele Kinder auf der Straße sind. Das hier scheint eine eigene und möglicherweise auch heile Welt zu sein. Die Leute winken freundlich und lächeln. Wunderschön.


Ich bleibe 6-7 km auf der Straße, dann endet sie. Aber dieser Abstecher hat sich voll gelohnt. Ich glaube, ich habe mich in Ambon verliebt!

Hier ist viel Natur. Durch die Regenzeit ist hier alles grün und freundlich. Die Menschen hier sind sehr liebenswert. Es gibt hier Berge, Wälder ind das Meer. Dazu schöne Buchten: herrlich!

Ich fahre weiter und mache noch einen Abstecher. Wieder eine neue kleine Welt gefunden. Wieder die lächelnden Kinder. Genial.








Irgendwo muss ich mich dann verfahren haben. Die Straße endete plötzlich und vor mir war die Zufahrt zu  einem Fähranleger. 

Da wollte ich dann doch nicht hin. 

Also habe ich umgedreht und nach einer netten Warung gesucht, um was zu essen. In einem Dorf war ein praktischer Unterstand (Schatten) für Mopeds und da parkte ich erst mal. Der Hintern tat ganz schön weh von der harten Bank und ein paar Schritte laufen war ok. 

Die erste Warung war nicht so meins. Es ist typisch für Indonesien, dass im Fenster Teller mit Reis, Nudeln, Gemüse, Hähnchenstücken etc stehen. Manchmal stehen da auch komplett angerichtete Essen, und die sehen auch ganz gut aus! Einziger Nachteil: alles kalt. 

Die mögen hier wohl sehr gerne kaltes Essen.

Ich nicht. Ich fragte, aber die wollten mir immer kalten, toten Fisch andrehen und so bedankte ich mich und ging weiter. Die 2. Warumg sah ähnlich aus, also ging ich wieder. Aber da kam eine Frau hinter mir her und wollte mich überreden. 

Ich, höflich wie immer, ging darauf ein, verfluchte mich aber ob meiner Gutmütigkeit und der verlorenen Zeit. Sie zeigten mir gebratene Mii-Nudeln und etwas, was irgendwie wie ein Omelett aussah. Wobei: Mii heißt, glaube ich, Nudeln. Dann habe ich da ja gerade Nudel-Nudeln geschrieben.

Aber egal.

Nudeln und Omelett. Kalt. 

Aber ich hatte auch Hunger und Nudeln mit irgendeinem Ei hörten sich verlockender an als toter, kalter Fisch (Sushi-Thunfisch wäre ok gewesen!). 

Ich bestellte eine kleine Portion und die Frau tat mir noch einen großen Löffel Sambal drauf! Tod und Verderben!

Aber was soll ich sagen? Das schmeckte echt lecker. Auch das Sambal war nicht zu scharf und passte gut zu den Nudeln und dem Ei. Warum um alles in der Welt habe ich „kleine Portion“ gesagt? Dazu gab es einen Eistee. Wie macht man Eistee? Ganz einfach: ein Glas mit Eiswürfeln, Teebeutel rein und kochendes Wasser drüber. 

Serviert wird mit Teebeutel. 










Eigentümlich.

Aber lecker!

Gestärkt fuhr ich weiter. Es ist wieder sehr heiß. Unter dem Sonnenbrand auf meinen Armen bilden sich kleine Wasserbläschen. Ich sehe aus, als ob ich Pocken habe. Selber Schuld. Heute habe ich mich mit Sonnenmittel eingeschmiert, hoffentlich hilft das. 

Irgend so einen Eiskaffee könnte ich trinken. Da komme ich an einer Stelle vorbei, wo ca. 40 Stände nebeneinander aufgebaut sind. Sie verkaufen alle das Gleiche: Säfte. 

Ich stoppe und fange an, zu diskutieren. 


Ich will einen kalten drink. Cold! Ich mache vor, wie ich friere und dann, wie ich trinke. Die Frauen verstehen nichts, lachen aber viel. Dann hat es bei einer geklingelt. Sie zeigt mir Eis und eine Kokosnuss. 

Aaaaach! Kokosmilch ist nicht so meins. Langweilig bis schmeckt nicht. Ich habe das schon mehrfach versucht, aber gefallen hat mir das nicht. Da zeigte sie mir noch Sirup. Ok, das könnte die Sache verbessern. 

Sie bereitete ein großes Glas vor. Kokosmilch, Eis, Sirup und abgeschabtes Fleisch von der Nuss. Obendrauf noch einen fetten Schuss süßer Kondensmilch. 

In der Nuss war noch weitere Milch. Sie nahm ein weiteres Glas, blies kurz hinein (=sauber) und servierte beides. Das 2. Glas zum Nachkippen.








Was soll ich sagen: das Getränk schmeckte sagenhaft lecker!

Auch das Fleisch, das bei jungen Nüssen eher die Konsistenz von Schnodder (ostpreussischer Ausdruck für das, was in der Nase ist) hat, schmeckte lecker.

Als ich zahlen wollte, gab es eine Diskussion unter den Frauen. Das einzige, was ich verstand, war „ one, two, three, four, five……“

Die übten gemeinsam das Zählen bis 10 und dann sagte die Grau: ten and five! Also klar: 15.000RP kostete das Getränk. Immer wieder nett!

Gegen 4 war ich dann wieder im Hotel. 


Aber da hielt ich es nicht lange aus. Noch hatte  ich ja das Moped. Also beschloss ich, an die Südwest-Ecke der Halbinsel zu fahren, auf der Ambon City ist. 

Also wieder durch den Feierabendverkehr mogeln, bis ich an der Küstenstraße war. Hier wurde es dann wieder leerer. Aber der Himmel verriet es schon: Regen lag in der Luft. Und bald fing es auch an. 

Kein starker Regen, aber nervig. Ich hielt an einem Haus an, das ich für eine Warung hielt. Es stellte sich aber als kleines Lebensmittelgeschäft heraus. Aber da war es schon zu spät und ich hatte Kaffee bestellt. Und die eine Frau zuckte mit den Schultern und machte Kaffee. Ich stand geschützt unter einem kleinen Vordach und schon stellte man mir einen Stuhl hin. 

Neben dem Eingang stand eine Box mit Keksen. 

Na ja, wenn schon Kaffee, dann passt auch ein Keks ganz gut dazu. Ich bat um 2 Dunut-ähnliche Gebäckstücke, die wahrscheinlich genug Kalorien für 5 Galeerensträflinge hatten.

Sofort stellte man mir ein kleines Tischchen dazu. 






Die Menschen hier sind großartig. Die Donuts waren lecker, der Kaffee grandios, nur der Regen hörte nicht auf. Ich wartete noch ein Weilchen, wollte aber nicht in der Dunkelheit zurückkommen. 

Also fuhr ich weiter und wurde nass. 

Trotzdem war die Strecke schön und auch gut zu fahren. Etwas mehr Reifenprofil auf dem Vorderreifen wäre toll gewesen, aber ich fuhr vorsichtig, um das Risiko zu vermindern. 

Im Süden der Insel kam ich noch durch ein verschlafenes Dorf, wo noch viel Weihnachtsdekoration herumstand. Offensichtlich die christliche Ecke der Insel. 




Ich bin dann doch im halbdunkel zurück gekommen und es war ganz schön anstrengend. Das Visier des Helmes war getönt, was bei Dunkelheit doof ist. Und in den Wassertropfen  darauf brach sich das Licht der Scheinwerfer. Aber ich habe es wohlbehalten geschafft.


Die Insel ist toll. Es gibt hier keine Sehenswürdigkeiten, ich kann nicht erklären, was ich hier so schön finde. Aber ich bin froh, hier zu sein. 

Das war für mich so  ein Sehnsuchtsort.

Molukken.

Hört sich weit weg an. 

Ist auch weit weg. 


Allerdings: ich verbinde auch eine nette Erinnerung damit. 


Während meines (langen) Studiums bin ich Taxi gefahren. Eines Abends stieg eine kleine, leicht angetrunkene Frau in mein Auto und sagte nach wenigen  Metern unvermittelt zu mir: dich würde ich gerne mit nach Hause nehmen. 

Ich habe das abgelehnt, und das war auch gut, weil ich später erfuhr, dass sie verheiratet war. 

Ninko war Tänzerin an der Volkwang Universität in Essen und tanzte bei Pina Bausch. Das, und dass sie von den Molukken kam, erfuhr ich, als sie mich bei mir zu Hause besuchte (wir hatten die Telefonnummern ausgetauscht), aber für Geografie habe ich mich damals nicht so sehr interessiert. 


Es ist eine wirklich schöne Insel!


Abends war dann ganz plötzlich das Guthaben auf meiner SIM zu Ende. Für die Navigation auf der Rückfahrt vom Restaurant hätte ich sie gut gebrauchen können. So bin ich halt den Weg zurückgefahren, den ich gekommen bin. Gegen alle Einbahnstrassen. Cool!


Und noch was war cool. Ich hatte in dem Restaurant nach langem diskutieren (Hände und Füße) unter anderem Hähnchen bestellt. Nach der Bestellung kam die Kellnerin zurück und wedelte über dem Tisch mit den Händen. 

Wollte sie Fliegen von dem Fleisch verscheuchen? Gerne!

Nein, sie wollte wissen, ob das Huhn gebraten oder gegrillt werden sollte. Das Wedeln war das Luft-zufächeln beim grillen…..

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