In der Nacht klingelte irgendwann in meinem Zimmer ein Wecker. Na ja, muss auch mal sein, aber jetzt war ich wach.
Niemand stand auf. Noch besser, da hat jemand seinen Wecker vergessen und ich bin jetzt wach. Cool!
Kurz darauf klingelte es wieder. Da hatte doch dieser Spezialist auf „Schlummern“ gedrückt und ich war wach. Toll. Aber wieder hörte ich niemanden aufstehen. Das wurde ja immer besser.
Aber irgendwann bin ich dann wieder eingepennt, bis dann mein Wecker schellte. Leise stand ich auf und ging zum Frühstück.
Auf meinem iPad sah ich dann: 2 facetime-Anrufe in Abwesenheit. Jetzt war mir klar: Das Klingeln war bei mir gewesen. Daggi hatte, sie war mit dem Zeitunterschied zwischen USA und Deutschland durcheinander gekommen, versucht, bei mir anzurufen.
Der Tag fing ja gut an.
Aber er sollte besser werden. Ich hatte einen teuren Fehler gemacht.
Da ich ursprünglich die Datumsgrenze nicht richtig interpretiert hatte, musste ich die Unterkunftsbuchungen für Hawaii anpassen.
Aber das betraf auch die hier in SFO.
Ich reise nicht morgen weiter, sondern schon heute Nacht. Shit! Und das Hostel hier ist das teuerste auf der Reise.
Also sprach ich heute mit dem Rezeptionisten. Der war aber sehr entspannt. Zur Zeit ist eine große Convention von Spiele-Entwicklern in der Stadt und er war sich sicher, dass sich jemand über das freiwerdende Zimmer freuen würde.
Das war natürlich toll.
Pünktlich machte ich mich auf den Weg zu Pier 33, wo die Schiffe nach Alcatraz abfahren. Da stand schon eine riesige Schlange und vorne schickte ein Aufpasser neue Besucher weg. Mich nicht, denn ich hatte mir auf Anraten eines Freundes schon ewig lange vorher online ein Ticket gekauft. Die Touren sind bis zu 3 Monate im Voraus ausverkauft.
Das Schiff lief aus in Richtung der Felseninsel und in den kühlen, aber sonnigen Morgen hinein.
Dort angekommen wurden wir kurz über Spielregeln aufgeklärt und dann durften wir den langen Serpentinenweg zum Zellenblock hochlaufen.
Einer Intuition folgend stellte ich mich zu den gehbehinderten Senioren, die mit einem Elektrokarren hochgefahren werden sollten.Nicht nur, dass ich völlig entspannt oben ankam, nein, ich war auch mit als erster von den gut 250 Passagieren des Schiffes an der Ausgabe der Kopfhörer für den Audio-Guide.
Genial.
Bergab laufen ist auch einfacher.
Anfangs haben wir auch noch gelernt, dass man nach Alcatraz nicht direkt eingeliefert, sondern nur von anderen Gefängnissen „überwiesen“ wurde, wenn man ausbruchsgefährdet oder gemeingefährlich war.
Al Capone und Frank Stroud, über den ein spannender Film (Der gefangene von Alcatraz) mit Burt Lancester gedreht wurde, haben hier gesessen. In der Geschichte der Strafanstalt hat es keinen geglückten Ausbruch gegeben. Wohl mehrere 5 Personen sind vermisst. Sie sind offensichtlich auf dem Weg zum Festland ertrunken.
Und dann stand ich in dem Gang, den ich schon öfters im Fernsehen gesehen hatte. 3 Stockwerke mit den Zellen über mir.
Das Gefängnis ist kleiner, als ich mir es vorgestellt hatte. Um so schlimmer, wenn man sich vorstellt, hier über Jahre eingesperrt zu sein.
Und klein sind auch die Zellen. Winzige Löcher mit einem kleinen Tisch, einem Klo und einem Bett. Winzig!
In dem berüchtigten D-Block waren die Zellen größer. Da kamen die gefährlichsten Verbrecher hin. Während die anderen bei guter Führung das sehr beliebte Privileg des Hofgangs bekamen, blieb der D-Block geschlossen.
Auch der Hof ist so groß auch nicht. Aber er wurde gut genutzt für Sport oder einfach mal für eine andere Umgehung.
Frank Stroud war nach den Beschreibungen übrigens nicht so sympathisch wie Burt Lancester. Und Capone hatte keine Feinde im Gefängnis. Der Feind war im Zweifel er.
Diese kleinen Anekdoten und Informationen kamen über den Audioguide, der im Original von ehemaligen Häftlingen gesprochen wurde.
Die Gänge hatten Namen. Der Gang unten im Erdgeschoss war der Broadway und der Platz vor der Kantine der Time Square (da hing auch eine Uhr).
Der Speisesaal war mit der gefährlichste Ort, weil hier die Häftlinge Messer und Gabeln hatten. Weiter hinten im Gelände waren auch noch die Werkstätten, die auch als gefährlich galten, weil hier die Sicherheitsvorkehrungen nicht so hoch waren, wie im Zellenblock. Die Wärter mochten sie nicht.
Die Wärter wohnten in vergleichsweise schönen Wohnungen mit Blick auf die San Francisco Bay. Die Familien schätzten die Insel sehr. Und die Kids wurden morgens mit dem Schiff zum Festland und zur Schule gebracht.
In einem Bereich des Broadway wurden Zellen so präpariert, wie sie mal bei einem Ausbruchsversuch vorgefunden wurden (darüber gibt es auch noch einen Film, ich glaube, mit Clint Eastwood). Die Häftlinge hatten das Lüftungsgitter, das in jeder Zelle war, herausgekratzt, das Loch vergrößert und sind dann über Versorgungsgänge geflüchtet.
Zur Tarnung hatten sie aus Pappmaschee Köpfe nachgebildet und in ihr Bett gelegt.
Die Köpfe und auch die Öffnungsversuche im hinteren Beriech der Zelle wurden gezeigt.
Interessant war auch der Besucherbereich, wo Besucher mit den Häftlingen per Telefon durch eine Sicherheitsscheibe getrennt miteinander reden konnten. Es gab auch ein Loch, durch das man seine Hand stecken konnte, um den anderen zu berühren.
Als ich zufällig auf der Besucherseite stand und jemand die Hand durch das Loch steckte, war ich schwer versucht, mal hinzufassen. Die Scheiben waren ziemlich schmutzig, ich denke nicht, dass die Frau mich vorher gesehen hat…
Natürlich gab es auch noch die Wachtürme, die Büros der Gefängnischefs, die Gärten, das Krematorium, ein kleines Theater und alle möglichen anderen Nebengebäude, aber sicher war der Zellentrakt das Highlight.
Interessant war auch, dass beim Bau und auch später alles auf die Insel gebracht werden musste. Aller Beton, Steine, Stahl, sogar das Wasser musste und wird auch noch heute auf den Wasserlosen Felsen gebracht.
Nachdem das Gefängnis aufgelöst wurde, haben 1969 amerikanische Indianer von mehreren Stämmen die Insel und das Gefängnis für 19 Monate besetzt gehalten, um auf die Umstände der Indigenen hinzuweisen.
Viele der Nebengebäude sind heute schon verfallen, das, was übrig ist, wird mühevoll saniert um dieses „Mahnmal“ zu erhalten. In einer kleinen Ausstellung am Ende der Runde wurde auch eine Statistik gezeigt. Danach kommen in den USA ca. 800 Häftlinge auf 100.000 Einwohner. In Deutschland sind es ca. 70.
Es war ein toller Besuch, sehr spannend und sehr informativ.
Und jetzt?
Noch habe ich Zeit. Der Tag morgen ist ein Träumchen. Ich bleibe heute bis 22:00 hier im Hostel und fahre dann zum Flughafen. Um kurz nach 1 morgens!! geht es dann los bis Panama.
Da habe ich dann 6 Stunden Aufenthalt bevor ich nachmittags nach Kolumbien weiterfliege, wo ich dann am frühen Abend ankomme. Morgen werde ich also nicht so viel unternehmen, deshalb würde ich den Tag heute gerne nutzen.
An der Jeremiah O‘Brian bin ich gestern schon vorbeigekommen und heute dachte ich: ok!
Die Jeremiah O‘Brian ist ein so genanntes Liberty-Ship. Militär-grau, aber nur schwach zur Selbstverteidigung mit Wasserbombenwerfern gegen die U-Boote und einer Kanone ausgerüstet, diente sie als Transporter, um die Ami-Truppen, die ja ihr Land immer im Ausland verteidigen, zu versorgen.
Von diesem Typ gab es damals alleine 7000! Stück, die bei der Offensive in der Normandie teilgenommen haben.
Die Jeremiah O‘Brian ist eine von zweien, die es heute noch gibt.
Sie hat übrigens auch noch nach dem Krieg beim Marschall-Plan Dienst getan.
Sie ist 140m lang und 17 m breit. Das Steuerhaus ist im 3. Stock und der Maschinenraum, wo die Dampfmaschine installiert ist, ist 4 Etagen hoch.
Interessantes Detail: in diesem Maschinenraum wurden die relevanten Szenen von Titanic gedreht.
Aber der Reihe nach. Das Riesenschiff (es ist wirklich gewaltig groß, wenn man davor steht) wird über eine ziemlich schwankende Gangway betreten. An Deck sind die wenigen Waffen, die Ladeluken und jede Menge Winden, um die Güter zu be- und entladen. Ziemlich in der Mitte sind die 3 Decks. Unten die Mannschaften, Kombüse und technische Räume, darüber die Räume der Offiziere, Navigation und Funk. Und darüber dann der Steuerstand. Man kann fast überall hinein und einige Räume sind vollständig möbliert und ausgestattet.
Interessant ist auch, dass im Navigationsraum neben den alten Instrumenten auch ein winziger, moderner GPS - Empfänger hängt.
Später, im Maschinenraum, wird mir ein Techniker erklären, dass die Maschine 4-5 mal pro Jahr angeworfen wird und dass man 1-2 mal auch ausläuft.
Ich hatte mich schon gewundert, dass
- moderne Rettungsinseln verfügbar waren und
- Die auch noch in der Wartung waren.
Aber richtig spannend wurde es im Maschinenraum. Enge und steile Treppen (wir kennen sie ja aus dem Film) führen hinunter, vorbei an den Kesseln und anderen technischen Einrichtungen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Tiefer und tiefer ging es. Ab dem 3. Untergeschoss waren wir unterhalb der Wasserlinie,und immer tiefer ging es. Unzählige Rohre, Messinstrumente und Handräder, wo man irgendwas auf oder zuschrauben konnte, waren zu sehen.
Natürlich hätte ich gerne überall mal dran gezogen, gedrückt oder gedreht, und ja, bei dem Maschinentelegrafen habe ich es auch mal versucht, als der Ingenieur nicht geschaut hat, aber später sah ich, dass der oben, beim Kapitän, blockiert war.
Faszinierend!
Wie gesagt, eines der wenigen Schiffe, die aus der Zeit übrig geblieben sind. Lt. Aushang hat das Schiff den D-Day, den pazifischen Krieg, den 2. Weltkrieg und eine große Feuersbrunst am Pier überlebt. Damals ist das Lagerhaus komplett abgebrannt, aber man bekam das direkt daneben liegende Schiff nicht losgebunden. Aber die Feuerwehr hat dieses „Nationalheiligtum“ gerettet.
Man kann mir ja mit Schiffen immer eine Freude machen, daher war es für mich wie Weihnachten, mal auf dem Kahn herumklettern zu können.
Toll.
Es geht jetzt auf 19 Uhr zu. Hinter mir, auf der Bühne des ehemaligen Tanzsaales, steht ein Klavier. Davor sitzt jemand wie du und ich. Also jemand, der nicht Klavier spielen kann. Nur mit dem Unterschied: wir beide, du und ich, spielen nicht Klavier.
Nervig.
Vor allem, weil vom Hostel aus leise Hintergrundmusik läuft. Und dann noch dieses Klimperklimperklimper…..
Und damit beende ich meine Aufzeichnungen für heute!
interessant,du wisst, worauf ich mich beziehe.
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