El Dorado
Gut habe ich geschlafen. Gemütlich geduscht und den Komfort des Hotels genossen. Nach dem kurzen Frühstück runter in die Neustadt. Dort sollte vor dem Goldmuseum eine Stadtführung stattfinden. Ich kam an den Platz und irgendwas war seltsam. Überall in der Stadt waren Leute unterwegs und hasteten von A nach B. Hier war es anders. Hier standen viele Männer herum, untätig oder mit einem Becher Kaffee. Der wurde an einer Stelle ausgeschenkt. Alles Männer über 50, ordentlich gekleidet. Ein paar Meter daneben war ein kleiner Markt für Mineralien mit Quarzen und anderen Halbedelsteinen und noch ein paar Meter daneben ein Touristenmarkt.
Und eben diese Männer.
Ich machte mir keine Gedanken und ging zu dem Treffpunkt. Wir waren eine Gruppe von ca. 15 Leuten und erfuhren etwas über die Geschichte. Indigene Kultur, vor allem der Muisca, Kolonialzeit, Simon Bolivar, die vereinigten Staaten von Kolumbien (Kolumbien, Venezuela, Panama und Equador) bis heute. Eine wechselvolle Geschichte die auch wieder starken Einfluss der USA mit sich brachte. (Roosevelt).
Die Vereinigten Staaten haben auch heute noch die gleiche Fahne: Rot/Blau/Gelb. Das steht für Blut (rot) Wasser (die beiden Ozeane) (blau) und Gold (gelb).
Und dann kamen wir auch schon auf die Muiska zu sprechen. Und auf El Dorado.
Der Grund, warum die Spanier so scharf auf Kolumbien und diesen Teil des Kontinents waren, war El Dorado. Ein sagenhafter Goldschatz der hier irgendwo versteckt war.
Hintergrund war ein Brauch der Muiska. Immer, wenn ein neuer Häuptling eingesetzt wurde, hat sich das Volk mit der Natur verbunden. Es gab einen religiösen Akt, wo man sich für die Nutzung der Natur durch Jagt oder Anbau quasi entschuldigen wollte. Dadurch sollte ein gewisses Gleichgewicht wieder hergestellt werden.
Sie glaubten, dass natürliche und übernatürliche Dinge in einer Balance sind. Es gibt Männer und Frauen, auf Licht folgt Dunkelheit, nach Trockenheit kommt Regen usw. und wenn diese Balance gestört wird, gibt es Chaos, unkontrollierte Kräfte übernehmen die Herrschaft und es gibt Unordnung und Terror.
Weise Männer empfahlen daher die Opfergaben.
Die Sonne und die Erde sollten wieder zusammenfinden. Die Erde wurde durch einen heiligen See dargestellt, die Sonne durch Gold.
Die Muiska hatten guten Zugang zu Salz und haben damit erfolgreich gehandelt. In der damaligen Zeit konnte man Salz und Gold 1:1 tauschen.
Für die Muiska hatte Gold aber keinen monetären Wert, sondern es wurde nur für religiöse Handlungen benutzt.
Und die wichtigste war die Einsetzung eines neuen Häuptlings. Der Häuptling hat sich mit einem Floß voller Gold auf den See begeben.
Und mit ihm weitere Unterhäuplinge. Und alle warfen das Gold in den See. Und die Mitglieder des Stammes, die am Ufer standen, taten es ihnen nach.
Über Generationen!
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Die Spanier kamen, fsnden das Gold, schmolzen die Kunstschätze ein, um sie besser transportieren zu können und schafften es nach Spanien.
Das Gold-Museum hier beherbergt den größten Goldschatz der Welt. Aber es macht nur ca. 1% von dem Gold im See Guatavita aus.
El Dorado: für die Kolumbier keine schöne Geschichte.
Weiter ging die Tour zu dem Ort, wo der Politiker Gaitan erschossen wurde. Er war der erste Kandidat der Demokraten, der mit Hilfe des Volkes ganz nach oben gekommen ist. Er war der Liebling des Volkes, weil er mit den korrupten Konservativen nichts zu tun hatte. Er hatte das Volk geeint hinter sich gebracht und stand kurz davor, die Wahlen hoch zu gewinnen.
Und da wurde er mitten am Tag mitten in der Stadt auf offener Straße erschossen. Hintergründe wurden nie bekannt, weil Passanten den Mann sofort totgeschlagen haben. Nun folgte eine Wut-Welle, bei der große Teile der Innenstadt komplett zerstört wurden ind 3000 Menschen ihr Leben ließen. Die Unruhen weiteten sich aus und am Ende waren landesweit 220.000 Menschen tot.
Das Land ist nie so richtig zur Ruhe gekommen. Mehrfach schon wurden Politiker von bezahlten Killern erschossen, meist auf Initiative der Drogenkartelle.
Und dann kamen wir zu dem Platz mit den Männern.
Seltsame Männer? Nein, ganz normal. Das hier war der größte Handelsplatz für Smaragden im Lande. In Kolumbien findet man die größten und reinsten Solitär-Smaragde. Angelina Joulie soll angeblich mal hier ein paar Ohrringe für 3,5 Millionen erstanden haben. Hübsche Dinger.
Man kann die Steine im Laden kaufen (es gibt viele Edelstein-Läden hier) oder eben hier auf dem Markt.
Männer aus dem ganzen Land treffen sich hier, die einen haben die Taschen voller Smaragde, die anderen voller Geld.
Alles steuerfrei aber geduldet.
Der Ort ist auch sehr sicher. Niemand mit Verstand würde hier einen Überfall wagen. Die Händler haben gute Verbindungen zu den Mächtigen im Hintergrund. Deshalb ist hier auch keine Polizei.
Die Männer stehen zusammen und reden.
Üblicherweise werden die Steine auf weißem Papier präsentiert. Größe und Reinheit und Farbintensität sind die Kriterien. Und die Preise hier betragen nur ein Bruchteil der „offiziellen“ Preise.
Aber unser Führer warnt uns: das ist ein Profi - Markt. Amateure sind hier gerne gesehen, aber verloren.
Zum Schluss gingen wir noch zu einem Markt. Es war eine moderne Markthalle mit einer Mischung aus Gemüse, Obst, Fisch und Fleisch und dazu noch jede Menge Stände, wo man direkt essen konnte. Hier lernten wir auch das traditionelle Bier der a Kolumbianer kennen (die Peruaner hatten es aber auch): Chicha. Es ist ein Maisbier und hat etwas weniger Umdrehungen als unser Bier.
In den 50igern kam die Bavaria Brauerei nach Kolumbien. Sie importierten die Grundstoffe aus Europa und brauten das Bier hier. Die Kolumbianer mochten es auch, aber es war viel zu teuer. Da begannen die Bayern über Jahrzehnte eine Kampagne gegen Chicha. Chicha macht dumm, Chicha erzeugt behinderte Kinder usw. Am Ende bewirkten sie ein Chicha - Verbot.
Die Folge: geheime Chicherias. Unser Guide zeigte uns Bilder aus der Kampagne. Ein Kolumbianer mit Chicha und einem Esel und ähnliche Geschmacklosigkeiten.
Im Gegensatz dazu priesen die Bayern ihr Bier (auch dieses Bild hat er uns gezeigt) das sei so gut, dass man es bedenkenlos auch Kindern geben kann. Seltsam!
Jetzt stand natürlich das Gold-Museum auf dem Plan. 4 Etagen oller Gold. Jeder Ausstellungsraum mit einer sehr sehr dicken Tresortüre gesichert.
Und der Inhalt? Unvorstellbare Schätze. Mal abgesehen von dem ungeheuren Materialwert, auch die Kunstfertigkeit der damaligen Künstler ist beeindruckend. Hier ist alles aus Gold. Teilweise recht große Exponate und in einem speziellen Raum dann eine Sammlung der ältesten Stücke.
Hier wird auch noch mal die Geschichte der Muiska erzählt. Tolles Museum. Ich habe mir aber nur 2 Etagen angesehen. Sonst hätte mich das auch noch in einen Goldrausch versetzt.
Ich habe mir dann noch die älteste Kirche im Ort angesehen, die Iglesia de San Francisco. Sie ist noch im Original erhalten und hat alle Erdbeben in der Gegend überstanden. Sie hat einen kleinen aber sehr prächtigen Altar und reich verzierte Beichtstühle.
Gegenüber war noch ein kleiner Flohmarkt, der es leicht mit unseren aufnehmen könnte. Alles mögliche Kleinzeug, was Leute weggeworfen haben. Am meisten beeindruckt hat mich das „Kabelgeschäft“
Jetzt musste ich auch mal was für mich tun. Da ich mich schon 2x mit den nicht funktionierenden Google Maps verlaufen hatte, wollte ich nun doch eine Sim-Karte haben. 3001930620 ist meine neue Nummer. Ob ich die merken kann?
Aus Gewichtsgründen habe ich auch auf einen Rasierer verzichtet. Und nun näherte ich mich immer mehr dem Aussehen von Käpt’n Iglu. Der Bart brauchte dringend Pflege. Und hier hat auch mein Spanisch funktioniert. Donde esta una barberia? ist grammatikalisch wahrscheinlich sehr falsch, aber ich habe den Friseur gefunden und eine sehr nette Friseuse hat mir sehr professionell den Bart gestutzt. Und die Haare an den Ohren. Sie war wirklich nett.
Ich gewöhne mich gaaanz langsam an die Sprache. Ich muss mich nur zwingen, sie zu benutzen. Englisch ist soo viel einfacher. Aber ich komme da noch rein.
Das musste ich dann noch mit einer „Fleischrolle“ belohnen. Es gab einen Stand, der belegte einen dünnen Teig mit Salat, Mais, Tomaten und Fleisch, das am ehesten wie roadkill aussah. War auch nicht unbedingt billig, aber lecker.
Vorletzter Besuch war dann noch im Militärmuseum. Seltsam: da stehen immer 8-10 Soldaten vor und passen auf, dass keiner das Museum wegträgt. Allerdings denke ich, dass viele der alten Waffen, vor allem die Haubitzen und Kanonen, noch funktionsfähig waren. Innen war aber nichts spektakuläres zu sehen und das einzige, was ich lesen und verstehen konnte, war „Rheinische Metallwaren und Maschinenfabrik Düsseldorf“ auf einem Geschütz. Dabeisein ist alles. Was wäre die Welt ohne unsere Rüstungsindustrie? Friedlicher?
Und dann war der schöne Tag zu Ende. Abendessen schräg gegenüber mit Chicha als Getränk, einer Ceviche als Vorspeise und einer Grillplatte mit Schwein. Deutlich besser als das, was ich die letzten Wochen gegessen habe.
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