Gestern gegen 23:00 Uhr fing es an, zu regnen. Richtig zu regnen. Viel Regen. Und im Campi hörte sich das noch schlimmer an. Der Regen prasselt unaufhörlich auf das Blechdach und an schlafen ist nicht zu denken. Die Gedanken kreisen und kommen auch zu dem Punkt, dass ich relativ nahe am Buller River stehe. 15 m hinter mir rauscht das Wasser.
Der Regen wird immer stärker und hört und hört nicht auf. Da kommen die Gedanken auch schon mal auf das Hochwasser an der Ahr. Ich bin gestern die paar Meter bis zum Fluss gegangen und habe mich noch gewundert, wie steil das Ufer ca. 3m tief abfällt. Ein anderer Camper stand 3-4 m von dieser Kante entfernt. Na ja, seine Sache.
Als ich dann heute früh zum Waschhaus ging (es regnete immer noch, wenn auch weniger), sah ich, dass das Wasser nur noch maximal 2 m unter der Abbruchkante war. Der Buller war viel breiter geworden, kackebraun und führte viel Treibgut mit sich. Wow, dachte ich. Das geht schnell. Klar, solche Flüsse werden von unzähligen Bächen, die von den Bergen herunterstürzen, gespeist, da geht sowas schnell.
Der Campingplatz verfügte über eine kleine Küche, so musste ich in diesem Regen meine Heck-Küche nicht bemühen, sondern schnappte mir Kaffee, einen Apfel und ging da hin. Da war ich auch näher am Wlan und konnte lesen.
Aber dann hielt mich auch nichts mehr an dem Ort und ich packte zusammen und fuhr los.
Am Outlook Hope Saddle hielt ich kurz an. Mount Hope ist knappe 700 m hoch und stand im Weg, als die frühen Siedler hier Straßen bauten. Aber irgendwann haben sie es dann geschafft, einen für Pferdefuhrwerke gangbaren Weg hier hoch und auf der anderen Seite wieder hinunter zu finden. Daran erinnert dieser Ausguck.
Nur sehen konnte man nicht viel, weil die Wolken und der Nebel noch zu tief hingen. Schade.
Es regnete immer weniger, und als ich nach Wakefield kam, kam auch wieder die Sonne raus. Ich fuhr auf einen Parkplatz und machte einen kleinen Gang durch das Städtchen. Also durch die beiden Straßen. Ich mag diese verträumten kleinen Orte hier auf der Insel, wobei: leben möchte ich nicht.
Gestern hat mir ein Neuseeländer erklärt, dass die Leute von der Nordinsel mit ihren großen Städten herabschauen auf die Bewohner der Südinsel. Landwirte, Schafzüchter, Fischer. Einfache Leute, während in Wellington und in Auckland das Geld gemacht wird.
Dafür ist es hier unten NOCH friedlicher und die Uhren gehen NOCH langsamer. Hat auch was für sich.
Ich kochte mir hinter meinem Campi noch einen Kaffee und dann ging‘s weiter.
Es ging wieder ein Stück an der Küste entlang. Gut zu fahren und so ein Blick auf‘s Meer hebt immer die Stimmung.
Irgendwann war ich wieder in der Ebene und kam nach Richmond. Bei einem McDonald machte ich eine kurze Pause für ein Eis (muss auch sein) und habe dann, glaube ich, meinen ersten Stau gesehen.
Unglaublich. Ich war auf der A6, aber an den Abzweigungen in die Stadt war die Hölle los. Wobei „meine“ Seite noch ging. Auf der Gegenfahrbahn waren bestimmt 3-4 km Stau. Verursacht durch abbiegende Fahrzeuge an 2 Straßen, die in die Innenstadt führten. Krass!
Ein paar Kilometer weiter kam ich nach Nelson.
Nelson ist eine wichtige Hafenstadt. Nicht der Fährhafen nach Wellington, sondern eher für Handelsschiffe. Und früher sind hier die Einwanderer angekommen.
Spannend.
Am Pier steht ein Denkmal und daneben 40-50 Gedenktafeln.
Man gedenkt hier der ersten Schiffe, die mit Siedlern aus Europa gekommen sind. Es sind die Schiffe abgebildet und es gibt ein Statement über die Fahrt. Und dann eine Liste mit Namen, Alter und Beruf der Passagiere / Einwanderer. Hochinteressant. Ich habe mir viele davon angesehen und mich gefragt, mit welchen Erwartungen und Träume die Menschen gekommen sind.
In den Statements steht dann auch, wieviele Monate die Fahrt gedauert hat, wieviele Tote und Neugeborene es gab und was noch Außergewöhnliches passiert ist. Ein Statement berichtet von insgesamt über 16 Familien, die ALLE ihre Kinder auf der Reise durch eine an Bord ausgebrochene Krankheit verloren haben.
Ein echter Krimi!
Und weiter.
Es ging wieder in die Berge, selten geradeaus, häufig steile Steigungen und ebensolche Abfahrten. Immer noch wenig Verkehr und gut ausgebaute Straßen. Kilometer um Kilometer ging es dem Ziel entgegen.
Irgendwann verlies ich die A6 und bog auf eine kleinere Straße ab.
Die Nordspitze der Insel ist sehr zerklüftet, es gibt hunderte von Fjorden und viele kleine, vorgelagerte Inseln. In so eine Fjordgegend fuhr ich jetzt.
Noch 56 km bis zum Ziel. Dahinter stand: 1:40h
Das hätte mir eine Warnung sein sollen.
Die Straße war jetzt sehr viel schmaler, und da, wo der Asphalt zuende war, war entweder eine Felswand oder ein Abgrund.
Früher, bei der elektrischen Eisenbahn zuhause, hatte man gerade Schienen und welche für die Kurven. So konnte man sich seine Strecke zusammenstellen. Hier mutete es an, dass der Ingenieur, der diese Straße gebaut hat, keine geraden Schienen mehr hatte.
Oder anders. Als mein kleiner Bruder noch im Kindersitz im Auto saß, hatte er einen Sitz mit einem kleinen Lenkrad dran.
Und wenn er gut drauf war, kurbelte er wie ein Irrsinniger mit dem Lenkrädchen nach links und rechts.
So kann man sich meine Fahrweise vorstellen. Höchstgeschwindigkeit zwischen 15 und 35 km/h.
Kurve um Kurve.
Bergauf und bergab.
Viele Baustellen, weil offensichtlich die Straße unterspült und einfach weggebrochen ist. An der Seite, wo der Abhang war.
Ich musste mich sehr konzentrieren und zu allem Übel kamen mir auch ab und zu noch Autos entgegen.
Das war kein Spaß mehr.
Der Gedanke daran, dass ich ja morgen auch wieder zurück muss, machte mir keine Freude.
Abbrechen? Zurück und ein anderes Ziel suchen?
Zwischendurch, wenn ich mal wieder elend lange bergauf gefahren bin, konnte man in einen der Fjorde hinabschauen. Das war schon toll!
Ich habe dann doch durchgehalten.
In dem Gebiet, in dem ich bin, gibt es 2 Straßen. Und an der Gabelung, wo ich rechts fahren musste und nur noch 3 km hatte, bin ich (warumauchimmer) links gefahren.
Und plötzlich stand da: noch 13 km! Jetzt war meine Stimmung auf dem Tiefpunkt. Ich schaute genau auf den Navi und erkannte den Fehler.
Jetzt brauchte ich nur noch eine Stelle auf der Straße, die breit genug war, dass ich wenden konnte. Und die eventuell auf einem längeren, einsahbaren Straßenstück war, wo eventueller Gegenverkehr mich sehen konnte.
Irgendwann hatte ich die Stelle und 3-4 mal vor und zurück und die Nase zeigte in die richtige Richtung.
Ich fand die richtige Straße und als ich um die letzte Kurve am Meer fuhr, eröffnete sich der Blick auf ein Paradies. Elaine Bay!
Eine winzige Bucht am Ende eines Fjordes, ein ebenso winziger Platz für Camper, ein kleiner Steg, rechts ein kleiner Sport/Fischereihafen, rechts, links und hinter mir die Berge und vor dem Eingang des Fjordes eine Insel.
6 Camper stehen hier und mein Platz ist 5 m vom Wasser entfernt.
Das letzte Stück Fahrt war furchtbar, hat sich aber gelohnt!
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