Kaikoura
Sturm? Stürmchen? Büschen Wind (norddeutsch: ein bisschen Wind??
Keine Ahnung, wie man das gestern nennen sollte. Fakt ist: mein Klappsessel wollte alleine nicht stehenbleiben. Und mein Becher Mii-Nudeln, den ich gestern Nachmittag liebevoll für mich zubereitet habe, ist halbvoll umgekippt. Und das iPad auf meinen Knien drohte auch, wegzufliegen.
Und der Wagen wackelt, als ob er immer noch fährt. Habe schon (sicherheitshalber) die Handbremse angezogen.
Und auch seltsam: das Meer ist unverhältnismäßig glatt. Keine Wellen, kaum kräuseln. Aber dann plötzlich geht das Kräuseln auch noch weg, wie weggebügelt. Und dann steigt etwas auf, das wie Rauch aussieht. Kleine Wassertröpfchen, also Spray, der da in die Luft geblasen wird. Und kurz darauf hört (und sieht) man auch, wie die Böe in die Bäume am Ufer fährt. Sehr seltsam.
Aber als ich dann kochen wollte, traute ich der Heckklappe nicht mehr über den Weg. Ob die das hält, wenn der Wind da drunter greift?
Japanische Autobau-Kunst hin und her, aber ich habe mich nicht geraut, die Klappe oben zu lassen. Fazit: heute bleibt die Küche kalt, es gibt Stullen zum Abendbrot. Zum Glück hatte ich wenigstens die halbe Nudelportion.
Und noch was. Wenn ich hier abends das Licht ausmache und es ist bedeckt, dann ist es dunkel.
Dunkel.
Ganz dunkel.
Man sieht nichts mehr. So dunkel habe ich, glaube ich, noch nie erlebt.
Die Nacht über stürmt und regnet es. Immer wenn der Wagen wackelt, hoffe ich, dass er nur wackelt und nicht etwa los rollt. Von der Bewegung her ist das sehr ähnlich. Und das Meer ist 5 m entfernt. Hoffe ich….
Als ich nachts mal aufwache, ist es mucksmäuschenstill. Kein Wind, kein Regen. Nur still.
Und so ist es auch, als ich aufstehe und mit einem herrlichen Sonnenaufgang über der Bay belohnt werde.
Relativ früh fahre ich los auf die Horrorstrecke. Dieses Mal zeigt sie sich aber von ihrer guten Seite. Klar, die Kurven sind geblieben, aber da, wo gestern die Wolken und die schlechte Sicht schlechtenLaune verbreitet haben, gibt es heute atemberaubende Aussichten auf den Fjord und die Täler. Ich halte mehrmals an, so schön ist das.
Heute geht es in Richtung Kaikoura. Das ist das Zentrum der Walbeobachtungen. Die ziehen hier nämlich vorbei. Und auch allerlei anderes Getier soll hier zu sehen sein.
Und das merkt man auch, wenn man auf die Karte schaut. 4 große 3-Sterne Campingplätze sind hier. Das sind die teuersten. Ab 35$ die Nacht. Danke. Ich werde wohl in der Nähe des Ortes bleiben.
Aber erst mal fahre ich nach Havelock. Das ist so ein wenig nostalgisch, weil ich schon mal auf einer gleichnamigen Insel war. Havelock Island gehört zu den Andamanen und liegt ca. 2 Stunden von der Hauptinsel, Great Andaman entfernt in der Bay of Bengal zwischen Indien und Burma.
Jetzt wollte ich dieses Havelock auch mal kennenlernen. Es liegt auch in einer Bucht und hat einen schönen Yachthafen. Und Flohmärkte gibt es hier. 3 Stück. Es sind kleine Läden wo wirklich alles, was man auf keinen Fall mehr brauchen kann, verkauft wird. Keine Ahnung, welche Marktnische hier besetzt werden soll.
Eine eindeutige Marktnische hat man wohl mit grünen Muscheln. Die werden hier überall entweder frisch oder schon zubereitet angeboten.
Ein netter kleiner Ort.
Es gibt auch ein kleines Museum, das aber leider geschlossen ist. Davor steht eine kleine Lokomotive. Aunt Sally heißt sie.
Sie ist in grauer Vorzeit aus Glasgow importiert worden und hat hier für verschiedene Aufgaben eine Zeit lang gedient.
Von einem Unfall wird berichtet. Im Jahre 1896 war der damalige Pilot, Bill „Stumpy“ Morrison zusammen mit seiner Frau auf der Lok, als eine der Wagonkupplungen brach. Ein Ruck ging durch den Zug und Bill verlor das Gleichgewicht und fiel aus der Lok. Er rief seiner Frau zu: shut off the throttle (etwa: nimm Gas weg!) und sie verstand irgendwie „jump off“ (spring). So fuhr Aunt Sall führerlos und schneller werdend ins Tal wo sie dann in den Pelorus River stürzte.
Man holte sie da aber wieder raus und setzte sie wieder auf ihre Schienen.
Aufregende Geschichten aus Havelock!
Leider gibt es hier keine ATM, die brauche ich nämlich. Ich habe noch 30 Cent in der Tasche und manche Campingplätze muss man bar bezahlen. Ansonsten komme ich hier supergut bargeldlos zurecht. Ich mache einen kleinen Umweg über Blenheim. Das ist eine größere Stadt und laut Google gibt es hier mehrere Automaten.
Aber ich habe Glück. Schon auf dem Weg dahin komme ich an einer Geldmaschine vorbei.
Karte rein, Pin eingegeben, 30$ angefragt: geht nicht. 20 oder 50$
Ok. 2. Versuch: 20$
Ratterratterratter…….
Ich soll meine Bank kontaktieren. Vorgang abgebrochen!
Toll.
Ich fahre nach Blenheim.
Ich mache es jetzt kurz, obwohl es dramatisch war. Automat 1, 2 und 3 forderten mich auf, meine Bank anzurufen. Shit!
Ich gehe in einen McDonald und kaufe mir ein Eis. Mit genau der Karte, die die doofen Maschinen nicht wollten.
ShitShitShit!
Zurück zum Auto. In einem „Geheimfach“ in meinem Rucksack ist die andere Kreditkarte.
Zurück zu Automat Nummer 1.
Vorher noch mal kurz nachgesehen, welche Pin das gute Stück hat, man will ja nichts falsch machen.
Karte rein, Pin eingegeben, Betrag angefordert.
Bitte Pin noch mal eingeben, ist falsch!
Waaaas?
Ich nehme die Karte raus und checke noch mal. Nein, ich habe die richtige Pin eingegeben. Genau die, die hier steht!
(Jetzt bitte keine Belehrungen, dass man Pins nicht aufschreibt. Ich weiß das, kann sie mir aber nicht alle merken!!!)
- Versuch. Gaaanz langsam. Gleiches Ergebnis.
Ich schwitze. Habe ich jetzt ein Problem? Was könnte das sein? Oder ist es etwa die „andere“ Pin?
Ich beschließe einen Versuch.
Karte rein, „andere“ Pin eingegeben, Betrag angefordert.
Raschelraschelraschelraschel….
Klack: Karte kommt raus!
Raschelraschelraschelraschel….
Geld kommt raus!
Gerettet.
Es war die „andere“ Pin. Direkt mal aufschreiben!
Auf der wirklich schönen Küstenstraße mit tollem Meerblick fahre ich weiter nach Kaikoura. Das Wetter ist schön und das ruhige Fahren macht Spaß.
Ich will nach Puhi Puhi. Das liegt ein paar Kilometer abseits der A1 (das mit dem A ist übrigens Quatsch. Die Highways hier heißen Highway 6 oder Highway 1, das mit dem A soll mir nur das Merken erleichtern).
Nach etwas über 2 Stunden bin ich an der Abzweigung. Ich hatte mir gestern lange überlegt, ob ich wirklich hierher fahren soll, da es angeblich einen über 6 km langen Schotterweg geben sollte. Auf Reifenpanne hatte ich nicht so die rechte Lust. Aber die Beschreibung war so nett, da dachte ich: komm! Risiko!
Nach 30 m Asphalt kam der Schotter. Und die Schlaglöcher. 14 km bis zum Platz. 40 Minuten, meinte der Navi. Toll.
Man soll sich hier ganz links halten, meint ein Schild. So ein Quatsch. Hier gibt es kein rechts! Die Straße (nennen wir sie ruhig mal so) ist sehr schmal.
Mit 20-30 km/h brettere ich über die Piste. Viele Kurven durch ein wunderschönes Tal. Ich kann aber nicht so genau hinsehen, weil es keine Leitplanken oder einen Seitenstreifen gibt. Fahrfehler werden sofort bestraft.
Hundertmeterweise taste ich mich vor. Kurve um Kurve. Schlagloch (man sieht sie nicht alle) um Schlagloch. Der arme Wagen.
Ford ahead.
Steht auf dem Schild.
Ford ahead! Ford vor mir? Klar, ist ein schlimmes Auto, aber direkt davor warnen?
Vollbremsung.
Hinter einer engen Kurve quert ein kleiner Bach die Straße.
Sieht auf dem Foto nicht so wild aus. War es aber!
Das hat mir noch gefehlt.
Ganz links sieht es am besten aus. Ich fahre rein, bleibe stecken, gebe mehr Gas und komme frei. Unter dem Wagen rumpelt es ganz furchtbar. Aber ich bin durch.
30 Kurven später habe ich noch 6 km vor mir.
Langsam werde ich nervös. Ich muss ja schließlich morgen auch wieder zurück. Ich schaue auf das Telefon. Netz gibt es hier nicht. Und wenn was passiert?
Rauchzeichen fallen auch weg. Überall Schilder wegen hoher Brandgefahr.
Und die Kaution für den Wagen hätte ich auch liebend gerne zurück.
Nach der nächsten Anhöhe fällt die Entscheidung.
Ich stehe vor einer Brücke.
Sie ist eng, aus Holz und die Rampe am Anfang ist so steil, dass ich nicht glaube, ohne aufzusetzen auf das Ding draufzukommen.
Gesamtgewicht 1500kg.
Wieviel wiegt mein Auto? Leicht ist der nicht. 1,2 t? Mehr?
Auch, wenn es wehtat: ich habe aufgegeben. Der kleine Bach und die Brücke waren dann doch etwas zu viel.
Also drehen und langsam zurück.
Die Dramatik kommt auf dem Bild nicht so recht rüber….
Durch den Bach bin ich dieses Mal (nachdem ich vorher ausgestiegen und genau geschaut habe) auf der anderen Seite gefahren. Das ging gut!
Weiter ging es dann nach Kaikoura. Da sollte hinter dem Bahnhof ein schöner Platz am Meer sein.
Das war auch so, allerdings war der schon besetzt. Alle Stellplätze waren belegt.
6 km weiter sollte ein netter Bezahl-Platz sein (ich habe ja jetzt Geld), aber da war niemand und nur ein Schild wies darauf hin, dass die Nacht 20$ kosten sollte. Wofür?
Also weiter.
Südlich von Kaikoura fand ich dann am Meer den Pohowera-Platz. Leider recht nahe an der Straße, aber sonst voll ok. Blick auf das Meer.
Hier bleibe ich heute Nacht!
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