Höllentrip nach Matagalpa

Heute hatte ich Wasser für Kaffee und ein Brötchen gekauft, es gab also richtiges Frühstück. 

Dann wollte ich duschen. Hier ist auch so ein vollelektrischer Duschkopf, der als Durchlauferhitzer fungiert. So ganz lieb habe ich die Dinger nicht.


Und so stand ich mit nacktem Hintern unter diesem Starkstrom- Ding.

Ich drehte das Wasser auf, aber es blieb kalt. Warm wäre schön.

Meine Hände ware noch trocken, also schaltete ich oben am Gerät auf „on“.

In dem Augenblick passierten fast 4 Dinge gleichzeitig:

Ein Blitz erschien, und danach etwas Rauch.

Das Gehäuse der Heizeinheit flog auseinander und ein Stück davon auf den Boden

Es gab einen ziemlich lauten Knall

Ich bekam (beinahe) einen Herzinfarkt!








Zum Glück lief zu dem Zeitpunkt kein Wasser, aber immerhin stand ich mit den nackten Füßen in dem Wasser von eben!

Also stieg ich vorsichtig aus der Dusche und ging immer noch vorsichtig ins Nachbarzimmer. 

Ich denke, heute werde ich hier nicht mehr duschen.

Wird sowieso überbewertet.


Gepackt hatte ich gestern schon zu 90% und nachdem ich 5 mal nachgesehen hatte, dass ich nichts vergessen habe, machte ich mich auf den Weg.

Der Vermieter hatte mir gesagt, dass ein Taxi zum Terminal Rigoberto Cabezas am Mercado Mayoreo 100 Coronas kostet. So gerüstet ging ich zur Ecke. Die ersten 4 Taxen wollten 200 und fuhren sofort weg, als ich ihnen meinen Hunderter zeigte. Der 5. wollte 120 und das war ok für mich. Die Fahrt dauerte auch eine gute viertel Stunde, wenn nicht gar 20 Minuten.


20 Minuten durch trostloses und schmutziges Managua. Klar, mal waren die Straßen breiter und etwas heller, manchmal gab es Bäume aber es gab fast mehr streunende Hunde als Menschen auf der Straße. Und die Straßen selber in einem bedauernswerten Zustand. 

Wir kamen an 2 weiteren Kanälen vorbei, die voll mit Unrat waren. 


Wir kamen am Markt an und an dem Preis hatte sich nichts geändert. Mehr noch: unterwegs hatte der Fahrer mir einen Bonbon angeboten und vor dem Aussteigen noch ein paar Spritzer aus seinem Desinfektionsmittel . Netter, hilfsbereiter Typ.


Auf dem Terminal war Alarm. Viele Leute an den 14 Bussteigen, wenige Busse. Oben am Bussteig stand jeweils wohin der Bus fährt, aber das hätte es nicht gebraucht. 










An „meinem“ Bussteig stand ein Typ, der ununterbrochen „Matagalpa! Matagalpa! Matagalpa! Matagalpa! Matagalpa! Matagalpa! Matagalpa! Matagalpa!“ schrie.


Ich fand noch einen Bussteig, da stand Matagalpa Express dran. Leider war kein Bus und auch niemand, der Bescheid wusste, da. Also ging ich zu meinem „Matagalpa! Matagalpa!“ Freund. Ich stieg ein und sah schnell: alle Plätze besetzt. 

Ich wollte hinten wieder aussteigen, aber da fuhr der Bus auch schon los.

Mist.

Ich war hinten angekommen, da, wo normalerweise sperriges Gepäck hinkommt und setzte mich auf den Boden. 

Nun kommen diese Chicken-Busse meist aus den USA, wo sie als Schulbusse ein entbehrungsreiches und langes Leben geführt haben. Nach der ersten Million Kilometer werden sie dann nach Südamerika verkauft. 


In Guatemala z.B. werden sie äußerlich liebevoll bemalt und geschmückt und sehen dann sensationell aus. Innen bleibt aber alles beim alten. 

Hier betreibt man nicht so viel Aufwand. Manche werden irgendwie anders lackiert, wenige bekommen etwas Chromzierrat. Allen gemein ist aber, dass sie innen abgeranzt sind und null Komfort bieten. 

Auf den Sitzen.

Auf dem Boden ist noch weniger. 








In der Form, dass links von mir eine scharfe Kante ist, vor der ich achtgeben muss und hinter mir ist auch so ein Vorsprung mit einer scharfen Spitze.

Der Bus ist aber lange noch nicht voll, schon auf dem Terminal steigen hinten durch den Notausgang weitere 20 Leute ein. 

JETZT ist er voll (dachte ich). Es wurde sehr beengt in meiner Sitzecke. 


Unschön auch, dass meine Nachbarn mir ihren Hintern ins Gesicht drückten (die sind halt hier nicht so groß).


Die Leute rückten immer näher an mich heran und nach einer halben Stunde (länger hätte das mein Rücken auch nicht ausgehalten) bin ich notgedrungen aufgestanden, um wenigstens noch einen einigermaßen brauchbaren Stehplatz zu ergattern.

Zwischendurch hielt der Bus auch mal an, und einmal stiegen 6 Leute auf einmal aus.

Fieberhaft suchte ich nach freien Sitzplätzen, aber im gleichen Moment drängten 12 neue Fahrgäste in den Bus. 

Es war unbeschreiblich. Mit den Füßen stand ich einigermaßen stabil, die linke Hand war an der Gepäckablage. 

Wegen der ruppigen Fahrweise brauchte ich aber noch etwas, wo ich  mich mit rechts festhalten konnte. 

Fehlanzeige. Also balancieren. Es war zirkusreif. Dazu kam: ich stand hinten links, und der Bus hat ein abgerundetes Dach. Da, wo ich stand, gab es keine Stehhöhe sondern ich stand leicht gebeugte mit abgeknicktem Kopf, in etwa wie der Glöckner von Notre Dame. 


Zu alledem kam noch, dass sich alle paar Haltestellen Verkäufer völlig schmerzlos auch noch in den Bus quetschten und mit ihrem Verkaufsgeschrei weitere Unruhe in den Wagen brachten. Und das alles bei 33 Grad. 










Als wieder Bewegung in den Bus kam, ergatterte ich einen Stehplatz im Mittelgang.

Und dann geschah es. Ein etwa gleichalterig Mann bot mir seinen Sitzplatz an. Hier ist es nicht üblich, älteren Menschen Sitzplätze zu überlassen. Viele Kinder saßen zufrieden, während andere stehen mussten. 

Ich habe einen Moment überlegt: Stolz und Anstand und noch über 2 Stunden stehen oder annehmen.

Ich nahm an. 

Hier auch wieder das Phänomen der Relation: natürlich sind die Sitze im Chickenbus unheimlich unbequem, aber wenn man vorher auf dem Boden gesessen hat….

Ich war mittlerweile etwas müde und hätte gerne die Augen kurz zugemacht, aber die Reiseführer empfehlen immer, das Gepäck nicht oben in die Ablage, sondern besser unter den Sitz zu packen. Da war aber kein Platz. Also hatte ich den Rucksack oben und musste dann doch immer wieder da hinschauen. 


1/2 Stunde vor Ankunft hatte ich dann eine Sitzbank für mich.Herrlich. Beine ausstrecken. Soooo schön.

Und dann liefen wir in den Busbahnhof von Madagalpa ein. Wuselig, schmutzig, völlig überfüllt, laut. So, wie so ein Bahnhof sein muss. 

Knappe 2 km bis zur Herberge, also machbar. Bewegung nach so einer Fahrt ist herrlich. 


Ich wohne in Casa Brenes. Ein Zimmer mit Ventilator und geteiltem Bad. Wie in Granada schon habe ich eine Türe zum Bad und von da aus geht es ins Nachbarzimmer. 

Man geht also ins Bad, verriegelt die gegenüberliegende Türe, damit der Nachbar einen nicht auf dem Thron überrascht und hinterher macht man diese Türe wieder auf. Wenn man dann zurück im eigenen Zimmer ist, verriegelt man auch diese Türe von innen.

Beides darf man nur nicht vergessen.


Beim Einchecken meinte die Betreiberin, dass sie eine 20-köpfige Gruppe aus USA da hätte. Ganz liebe Leute. 

Warum sagt sie mir das?

Wenig später hörte ich es. Sie sangen. Ich konnte die Sprache nicht identifizieren, aber es waren beide Geschlechter vertreten und sie sangen mit solch einer Inbrunst, wie man es nur bei Kirchenliedern macht.

Ich hatte auch den Eindruck, dass sie immer das gleiche Lied sangen. Gruselig. Das kann noch was werden.


Ich habe dann am Nachmittag nur die Umgebung erkundet. Ich bin nahe an der Kathedrale und ansonsten ist es ein Provinzkaff. 












So etwas mag ich ganz gerne, weil ich dann immer den Eindruck habe, dass das echt ist. Orte wie Granada werden präsentiert. Da will man dem Touristen irgendwas vermitteln, was wahrscheinlich nicht ganz der Realität entspricht. Matagalpa fühlt sich echt an. 














Matagalpa ist die zweitgrößte Stadt (500.000 Einwohner). Es ist eine Kaffeestadt, zumindest rührt der Reichtum des Ortes von den braunen Bohnen her. Sie liegt in der Bergregion des Landes auf fast 700m Höhe und ist Partnerstadt von Wuppertal. 

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