Ein fauler Tag. Laaaangsam gefrühstückt, noch mal kurz hingelegt, ich habe Zeit. Vor Mittag brauche ich nicht in Managua zu sein, also könnte ich hier noch was machen, aber viel fällt mir nicht ein.
Essen und trinken geht ja immer, also bin ich noch mal zum Markt geschlendert und habe was getrunken. Es sind diese Plastikbeutel, gefüllt mit Eis und einem Fruchtsirup. Nachteil: danach ist die Hand, die den Beutel gehalten hat, eiskalt.
Gestern Abend ohne die Freunde aus Prag war es wirklich etwas langweilig. Die anderen Gäste sprechen nicht viel. Aber Veronika und Chrystof haben sich wirklich nett verabschiedet.
Heute hat auch die Kathedrale auf und ich bin recht erstaunt über die modernen Deckenmalereien. Natürlich musste ich auch noch mal auf den Turm steigen, wann hat man schon mal die Möglichkeit?
Und wieder der freundliche Hinweis: nicht die Glocken läuten!
Und dann war es Zeit, abzureisen. Das Terminal ist nur 2 Blocks entfernt und beherbergt nur kleine Busse. Bei der Abfahrt war der Bus zu 50% besetzt, nach 10 Minuten zu 150%. Dicht an dicht quetschten sich die Leute bei 35 Grad im Mittelgang und eine Frau drückte ihren Hintern an meine Schulter.
Die Busse und die Trucks haben hier alle diese Überlandhörner, die vom Geräuschpegel nahe an die Schiffshörner von Riesentankern bei starkem Nebel herankommen. Nur ist das hier kein Schiff und Nebel gibt es auch nicht. Trotzdem tutet der Fahrer ununterbrochen.
Und er fährt, wie ein Henker. Er knallt mit 50-60 km/h in die Ausbuchtungen der Haltestellen, und wenn niemand winkt, fädelt er sich mit einer Restgeschwindigkeit von 40 km/h wieder in den fließenden Verkehr ein. Und wenn jemand winkt, geht es in 1 Sekunde von 60 auf 0 km/h.
Das bringt Unruhe in den Bus.
Aber irgendwie kommen wir Managua näher. Leider habe ich (wie oft bei Airbnb) keinen vernünftige Adresse und auch keinen Namen außer Rene.
Die Adresse ist „Southeast 16th Avenue, Los Robles de Funeraria monte de los Olivos 1cuadra al norte casa #217, Managua, Departamento de Managua, Nicaragua“. Google kann damit nichts anfangen.
Aber irgendwie finde ich AV 16 und auch Los Roboes de Funaria. Hier irgendwo muss die Wohnung sein.
Mit Pi mal Daumen lasse ich mich vom Busfahrer absetzen, und was soll ich sagen? Nach 2x fragen und vielleicht 300m laufen stehe ich vor einer verschlossenen Türe.
Ohne Namensschilder.
Ohne Klingel.
Geil!
Bin ich wirklich am richtigen Haus? Keine Ahnung. Aber da kamen 2 junge Leute, die auch in das Haus wollten. Ich zeigte die Adresse und sie nickten. Ja, ich sei hier richtig. Und ja, sie würden dem Besitzer Bescheid geben.
1 Minute später kam ein ziemlich schmutziger Mann, der wohl gerade irgendwo gearbeitet hatte. Es war Rene.
Wir gingen in das Zimmer. Es war im ersten Stock, hinter einer großen Küche / Esszimmer. Mein Zimmer ist auch sehr groß und grenzt an ein Bad. Die Einrichtung ist aus den 50igern und davon wieder das häßlichste, was es je gegeben hat.
Aber es ist ok. Großes Zimmer, Bad, Klimaanlage. Und die Küche darf ich benutzen. Was will man mehr.
Nun ja, man möchte sein Zimmer abschließen. Und das ging nicht. Keiner der 3 Schlüssel passte.
Fuck!
Eher aus Neugier versuchte ich, die ganze Wohnung abzuschließen. Das ging. Und da begriff ich: die ganzen ca. 80 qm gehörten mir. Und, wie er mir gesagt hatte, darf ich die Terrasse auch benutzen. Wow!
Wieder mal eine positive Erfahrung mit Airbnb.
Und dann habe ich die Gegend erkundet, wie ich das immer tue.
Furchtbar.
Furchtbar! Furchtbar! Furchtbar!
Es ist schwer zu beschreiben. Die Gegend hat den Charme eines Industrieviertels. Es sind viele Firmen, Kliniken, Apotheken, eine Uni. Die Straße selber ist unauffällig, aber stark befahren. Die Hauptstraße an der Ecke ist 6-spurig und hat auch den Charme einer 6-spurigen Straße.
Am Ende der Straße ist eine Bushaltestelle und daneben eine Mall. Die Mall ist modern und unter den Geschäften sind die üblichen Verdächtigen. Dabei auch ein McDonalds (Eis) und ein Supermarkt.
Unromanischer Kaffee im Supermarkt
Hier ist es wenigstens klimatisiert und schön kühl.
Das ist irgendwie keine Stadt, sondern …….irgendwas.
Später entdecke ich in den Seitenstraßen relativ viele Restaurants und Kneipen.
Langsam verstehe ich nun, warum das hier, der Stadtteil Las Robles und Altamira, zu den beliebtesten Stadtteilen zählt. Es gibt eben nicht mehr.
Man muss vielleicht wissen, dass es einen Bürgerkrieg gegeben hat, im Wesentlichen entfacht durch die rivalisierenden Städte Leon und Granada.
Als der dann endlich beigelegt wurde, entschloss man sich, Managua als Hauptstadt zu nehmen. Einfach um weder Granada noch Leon irgendwie zu bevorzugen.
Der Name der Millionenstadt kommt aus dem Aztekischen und bedeutet: dort, wo es eine große Wasseroberfläche gibt. Gemeint ist der Nicaraguasee. Hier siedelten Paläo-Indianer schon 6000 vor Chr.
Die Stadt ist die Hauptstadt von Nicaragua und war immer schon in die unschönen Politischen Kämpfe verwickelt. 1934 gab es hier ein Bankett, an dem der Präsident und auch einige Offiziere teilnahmen. Bei diesem Bankett wurde der Präsident von seiner eigenen Nationalgarde unter der Führung von Somoza ermordet. Bianca Jagger, die Frau von dem Stones-Frontmann, ist hier geboren.
Nach dem Spaziergang (heiß hier) habe ich in einer Kneipe nahe meiner Unterkunft ein Bier „weggeatmet“. Die Kneipe war in einer Straße mit 4 weiteren Restaurants/Kneipen und war als einzige gut besucht. Und mit guter Musik (auch für meinen Jahrgang). Kann sein, dass ich da nachher noch mal vorbeigehe…
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